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Hallo
Landläufig heisst es oft, dass eine Katze aufgebracht oder wütend ist, wenn sie mit dem Schwanz wedelt. Aber das ist nur zum Teil richtig. Tatsächlich befindet sich die Katze in einer Konfliktsituation. Sie möchte zwei Dinge gleichzeitig tun, aber der eine Impuls blockiert dabei den anderen. Vielleicht haben hast du selber schon die folgenden Situation erlebt:
Die Katze maunzt vor der Türe um hinausgelassen zu werden, aber beim Öffnen der Tür steht sie vor einem heftigen Regenschauer, es ist kalt und ungemütlich, oder es schneit so arg, dass sie kaum bis zur Nasenspitze sieht. Dann beginnt sie aller Wahrscheinlichkeit nach, mit dem Schwanz zu wedeln. Wenn sie dann hinausläuft, einen Augenblick lang trotzig draussen bleibt und dabei durchnässt wird, wedelt sie sogar noch heftiger mit dem Schwanz. Dann trifft sie ihre Entscheidung und läuft entweder zurück in die warme Stube, oder macht sich tapfer daran, trotz des scheusslichen Wetters, ihr Territorium zu kontrollieren. Sobald sie diesen Konflikt in der einen oder anderen Weise gelöst hat, hört sie auch auf mit dem Schwanz zu wedeln.
In so einem Fall ist es einfach unzutreffend, ihre Stimmung als ärgerlich oder wütend zu bezeichnen. Wut beinhaltet einen frustrierten Angriffswunsch, aber die Katze in Wind und Regen ist nicht aggressiv. Was den eigentlichen Frust ausmacht, ist der Widerspruch zwischen dem Drang, das Revier zu erkunden, und dem stark ausgeprägten Wunsch nach Geborgenheit und Trockenheit. Wenn diese beiden Triebe vorübergehend gleich stark sind, kann die Katze keinem von beiden Folge leisten. Und während sie gleichzeitig in zwei verschiedene Richtungen gezogen wird, bleibt sie still stehen und wedelt mit dem Schwanz. Wenn das Schwanzwedeln bei Katzen das Stadium eines akuten Konfliktes anzeigt, wie ist dann der Ursprung dieser Geste zu erklären?
Hast du schon einmal eine Katze beobachtet, die versucht, auf einem schmalen Sims zu balancieren? Wenn sie spürt, dass sie gleich die Balance verliert, schwingt der Schwanz schnell zur Seite und dient ihr als Balancierstange. Wenn du deine Katze auf dem Schoss hälst und sie abwechselnd leicht auf der linken und auf der rechten Seite antippen, dann kannst du beobachten, wie ihr Schwanz rhythmisch von Seite zu Seite schwingt, so als ob sie ganz langsam damit wedelt, Genauso beginnt das Schwanzwedeln in einer Konfliktsituation. Wenn die beiden konkurrierenden Triebabsichten die Katze in verschiedene Richtungen ziehen, antwortet der Schwanz des Tieres so, als würde sein Körper erst zur einen Seite und dann zur anderen Seite geschoben. Im Laufe der Evolution entwickelte sich dieses Schwingen des Schwanzes zu einem wichtigen Signal in der Körpersprache der Katzen und wurde immer stärker beschleunigt, so dass es jetzt sehr auffällig ist und augenblicklich bemerkt wird. Heute ist es viel schneller und rhythmischer als jede andere übliche Balancierbewegung des Schwanzes, so dass schon bei einem flüchtigen Blick zu erkennen ist, dass der Konflikt, den das Tier gerade durchlebt, eher emotional als rein physisch begründet ist.
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